Auf einem Floss um die halbe Welt

Moviekritik: Kon-Tiki
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DCM Distrubution

Thor Heyerdahl (Pal Sverre Hagen) war ein junger Forscher, der für die Arbeit bis an seine Grenzen und die seiner Mitmenschen ging. Zehn Jahre lang untersuchte der Norweger die Kultur Polynesiens und war sich sicher: Vor über 1500 Jahren waren es die Südamerikaner - genau genommen die Peruaner - die Polynesien besiedelt haben. Eine gewagte These, trennen die beiden Staaten doch 8000 Kilometer pazifischer Ozean. Da Thor in New York keine Unterstützung für seine Theorie fand, entschloss er sich schliesslich im Jahr 1947 selbst auf einem Floss aus Balsa-Hölzern, Kon-Tiki genannt, den pazifischen Ozean von Peru aus bis nach Polynesien zu durchqueren. Eine heikle Abenteuerreise, auf der er von fünf waghalsigen jungen Männern begleitet wurde. «Kon Tiki» erzählt von ihrem riskanten Unterfangen.

 

  

Die Abenteurer stehen in See (Bild 1). Auf dem Floss wird es gemütlich (Bild 2). (Mit Maus über Bild fahren)

 

«Kon Tiki» gehört zu den teuersten Filmen, die in Skandinavien je produziert wurden. Gelohnt hat sich der Einsatz: Dieses Jahr gehörte der Film zu den Nominierten für den besten fremdsprachigen Film bei der Oscar-Verleihung. Für den Sieg hat es zwar nicht gereicht, aber die Herzen des Publikums wird der Film gewiss im Sturm erobern. Das New York der 1940er-Jahre wie auch die Fahrt auf dem Floss sind schön in Szene gesetzt und lassen einen von den nächsten Ferien träumen. Die Hauptdarsteller sind genauso hübsch anzusehen, auch wenn sie nach einigen Wochen auf hoher See ein wenig wie zerzauste Hipster wirken. Die Truppe rund um Thor ist gut besetzt, jedem Darsteller gelingt es die Eigenartigkeiten und den Charakter seiner Figur authentisch rüberzubringen. Denn auf dem relativ kleinen Floss ergibt sich auch unter den Männern die eine oder andere Zankerei. Dass diese Streitereien aber dazugehören und ihnen schlussendlich helfen, zeigt sich anhand der Gefahren, die den Abenteurern auf ihrer Tour begegnen. Neben menschenfressenden Haien machen ihnen gewaltige Orkane, das langsam dahin modernde Floss und die Einsicht, dass ein Floss schwer zu steuern ist, grosse Probleme. Dank diesen Hindernissen bleibt das aufwendige Spektakel für die Zuschauer spannend, ohne übertrieben dramatisch zu wirken. Einige der Szenen erinnern hierbei ein wenig an «Life of Pie».

 

 

Der Floss-Check unter Wasser ist gefährlich (Bild 1). Mann über Floss (Bild 2).

 

Zu den eher schwächeren Momenten des Films tragen, neben den Werbeschildern eines bekannten Limonadenherstellers, Thors Eheprobleme bei. Obwohl diese nicht aus dramaturgischen Gründen hineingeschrieben wurden, sondern sich tatsächlich so ereignet haben, geben sie dem Film als Ganzes einen leicht kitschigen Zug, ohne den der Film bestens hätte auskommen können. Denn die sympathische Truppe, ihre ohnehin unglaubliche Mission und die faszinierende Welt des Meeres bieten dem Publikum genügend emotionale Achterbahnfahrten. Besonders hervorzuheben sind ausserdem folgende zwei Punkte: Im Film wird Englisch gesprochen. Obwohl die Darsteller diese Sprache deutlich hörbar anlernen mussten, erlöst uns dies zugleich von den in diesem Fall eher störenden Untertiteln. Zum anderen machen die Filmemacher Gebrauch von schwarz-weissen Aufnahmen. Der echte Thor Heyerdal hatte bei seiner Flossfahrt, so unglaublich das klingt, auch eine Kamera mit an Bord. Wer wissen möchte, wie die echten Aufnahmen ausgesehen haben könnten, kauft sich ein Kinoticket und geniesst die schönen blauen Weiten des Meeres.

 

 

  • Kon Tiki (GB/N/DK/D 2013)
  • Regie: Espen Sandberg
  • Drehbuch: Petter Skavlan
  • Besetzung: Pal Sverre Hagen, Anders Baasmo Christiansen, Gustaf Skarsgard, Tobias Sentelmann, Agnes Kittelsen
  • Dauer: 113 Minuten
  • Ab 18. April im Kino

 

Tanja Lipak / Di, 16. Apr 2013